Jüdische Unterstützer und Aktive im FRV – Teil 3
Auch der Großvater der berühmtesten Frankfurterin gehört um 1900 zu den jüdischen Mitgliedern des FRV. Das Tagebuch der →Anne Frank ist ein Weltbestseller, ihre Geschichte mit Exil und Versteck in Amsterdam sowie Tod im KZ kurz vor Kriegsende muss daher nicht erzählt werden. Dass der FRV zweifach in Beziehung zu ihrer Familie steht, ist hier relevanter. Dies auch, weil die Geschichte der Familie Frank im April 2015 Gegenstand des Lesefestes →Frankfurt liest ein Buch sein wird.
„Michael Frank, Wechselmakler“ ist in der Liste der passiven Mitglieder verzeichnet, die in den beiden Jahresberichten des FRV von 1900 und 1901 im Institut für Stadtgeschichte erhalten sind. Das ist eindeutig der Großvater väterlicherseits der Tagebuchschreiberin: Michael Frank, geboren am 9. Oktober 1851 in Landau/Pfalz, heiratet 1886 Alice Stern:
Sie bekommen vier Kinder, darunter Otto, Anne Franks Vater, der ihr Tagebuch nach dem Zweiten Weltkrieg veröffentlicht. Großvater Michael Franks Bankgeschäft prosperiert zur Zeit seiner Mitgliedschaft im FRV. 1901 kauft er ein geräumiges Haus im Westend (in der heutigen Dantestraße nahe dem Senckenbergmuseum). Zum Haus gehören ein großer Garten, Dienstpersonal und Privatlehrer. Als Michael am 17. September 1909 plötzlich stirbt, führt Alice das Bankgeschäft weiter.
Es gibt noch einen weiteren familiären Bezug von Anne Frank zum FRV. Denn Dr. Ernst Scheinberger (5. Februar 1907 – September 1975), bereits in den 1920er Jahren Schülerruderer beim Verein, wird im Herbst 1952 Vorsitzender des FRV. Scheinberger war kurz zuvor endgültig als ein Erbe der Pomosin-Werke bestätigt worden. Diese Frankfurter Werke gehörten zu einem internationalen Konzern, der Apfelpektin als Geliermittel für Marmelade und andere Zwecke herstellte. Für diese Firmen war auch Anne Franks Vater →Otto Frank seit seiner Emigration 1933 in Amsterdam tätig:
Scheinberger bleibt FRV-Vorsitzender bis 1956, unter seiner Ägide beginnt der sportliche Wiederaufstieg des Vereins nach dem Zweiten Weltkrieg, die Jugendarbeit wird geförderrt.
Melissa Müllers Biografie ergänzt das berühmte Tagebuch der Anne Frank um zahlreiche Fakten, auch aus der Zeit davor und danach. Gut möglich, dass auch Otto Frank (12. Mai 1889 – 19. August 1980) rudert, möglicherweise um 1905 als Schüler des Lessing-Gymnasiums. Zumindest liegt dies nahe, da um diese Zeit das Schülerruderen vom FRV besonders aktiv betrieben wird und das Lessing-Gymnasium zu den vom Verein betreuten Schulen gehört. Annes ältere Schwester Margot Frank (16. Februar 1926 in Frankfurt – Anfang März 1945 im KZ Bergen-Belsen) jedenfalls ist im holländischen Exil Mitglied eines Rudervereins, mit dem sie im September 1940 auch ein Rennen gewinnt (→ihre Medaille). Als Jüdin wird ihr der Sport von den in Holland eingefallenen Deutschen allerdings bald verboten. Anne selbst konnte aus gesundheitlichen Gründen diesen Sport nicht ausüben, sie musste ihre Armgelenke schonen, so Melissa Müller.
Dieser Blog wird noch weitere Facetten der düsteren zwölf Jahre unter dem Hakenkreuz beleuchten müssen.
by Ulrich Meissner