Zusam­men­bruch Ende des Zweiten Welt­kriegs

Im Ver­lauf der Kriegs­hand­lungen wurden beide Boots­häuser ein­schließ­lich des gesamten Boots­be­stands und der Ein­rich­tung zer­stört. Der Neubau in ver­nünf­tigem Stil ist für die nächste Zukunft beab­sich­tigt.

Tat­säch­lich ver­liert der Frank­furter Ruder­verein Ende des Zweiten Welt­kriegs gleich zwei Boots­häuser, wie es hier in etwas gebro­chenem Eng­lisch heißt. Diese Beschrei­bung der Ver­eins­ge­schichte wendet sich wohl im Rahmen der Wie­der­zu­las­sung des Ver­eins Anfang 1946 an die ame­ri­ka­ni­sche Besat­zungs­macht. Im Bom­ben­krieg zer­stört werden sowohl das ange­stammte höl­zerne Boots­haus, das seit dem Abriss der Alten Brücke 1914 von der Insel auf den Tiefkai in Sach­sen­hausen umge­zogen ist, als auch das zweite, …… aus Stein erbaute Haus, das seit 1934 zum FRV gehört, weil dieser die Frank­furter Ruder­ge­sell­schaft Sach­sen­hausen von 1879 (FRGS) über­nommen hat.

Das Haus der FRGS am Deutsch­herr­nufer 15, etwa da, wo heute die Jugend­her­berge steht, wird beim FRV von den Frauen genutzt und geht bereits beim ersten groß­an­ge­legten Bom­ben­an­griff auf Frank­furt am 4. Oktober 1943 in Flammen auf. Von 21.30 Uhr bis 22.00 Uhr deto­nieren 650 Luft­minen, fallen 217.000 Stab­brand­bomben und 16.000 Flüs­sig­keits­brand­bomben auf die Stadt. 587 Tote, 1.880 Ver­letzte werden gezählt. Nicht gezählt werden die ver­letzten jüdi­schen Frank­furter, denen Sani­täter die Hilfe ver­wei­gern. Die Toten werden nach einer von der NSDAP ver­an­stal­teten pom­pösen Trau­er­feier vor dem Opern­haus auf dem Ober­räder Wald­friedhof bestattet. 9.172 Per­sonen sind obdachlos. Vom Römer steht nur noch die Fas­sade. Und der FRV ver­liert seine besten Boote, die im Haus am Deutsch­herr­nufer lagern, zwar hoch­was­ser­si­cher, aber nicht vor Bomben geschützt.

Ein halbes Jahr später, am Abend des 22. März 1944 ver­nichtet dann beim wohl schwersten Bom­ben­ana­griff auf Frank­furt die Royal Air Force (RAF) die gesamte goti­sche Alt­stadt. In drei Wellen werfen die Flug­zeuge 500 Luft­minen, 3.000 schwere Spreng­bomben und 1,2 Mil­lionen Brand­bomben auf den Stadt­kern. Viele Men­schen können sich zwar durch ein recht­zeitig ange­legtes System von Kel­ler­durch­brü­chen aus den Flammen retten, aber 1001 sterben und 120.000 werden obdachlos. Auch das FRV-Boots­haus am Sach­sen­häuser Tiefkai wird durch Phos­phor­bomben zer­stört und alle übrigen Ver­eins­boote ver­brennen.

Ein Jahr später errei­chen ame­ri­ka­ni­sche Boden­truppen die Stadt. Um die Alli­ierten zu behin­dern, sprengt die Wehr­macht Anfang März 1945 alle Brü­cken in Frank­furt, auch die zwei der acht Gewöl­be­bögen der Alten Brücke, die heute durch eine Stahl­trä­ger­kon­struk­tion ersetzt sind. Einzig pas­sierbar bleibt die unvoll­ständig gesprengte Wil­helms­brücke, die heu­tige Frie­dens­brücke. Die Stadt ergibt sich nach einem Tag, trotz gegen­tei­liger Order des Gau­lei­ters Sprenger, der sich selbst frei­lich recht­zeitig abge­setzt hat und später Selbst­mord begeht. Bis auf wei­teres darf die Wil­helms­brücke aus­schließ­lich von den Ame­ri­ka­nern benutzt werden, ist Sach­sen­hausen für den Frank­furter Norden nur per Boot erreichbar.

Natür­lich gibt es auch in Frank­furt weder Ende März noch bei der deut­schen Kapi­tu­la­tion am 8. Mai 1945 keine „Stunde Null“. Die Befreiung vom Natio­nal­so­zia­lismus wird zunächst schlicht als Zusam­men­bruch und Ende des Krieges begriffen. Ange­sichts der Schuld, die das Regime und weite Teile der Bevöl­ke­rung auf sich geladen haben, ist es aber für viele das Ein­fachste, von einem abso­luten Neu­an­fang aus­zu­gehen und die nega­tive Ver­gan­gen­heit mög­lichst rasch zu ver­gessen und ver­drängen. Was für das ganze Land gilt, trifft auch auf Frank­furt und den Frank­furter Ruder­verein von 1865 zu.

Der Alli­ierte Kon­trollrat löst am 17. Dezember 1945 mit der Direk­tive Nr. 23 zwar alle Sport­or­ga­ni­sa­tionen auf. Der FRV trifft sich aber schon bald inof­fi­ziell in der Gast­stätte Tho­mas­bräu von Mit­glied Maxi­mi­lian Meyer in der Hoch­straße (Mit­tei­lungs­blatt Nr. 4, 1955), gleich neben dem Opern­platz, wo heute die Gast­stätte „Zum Bit­burger“ ist, und plant – wie obiges Ori­gi­nal­do­ku­ment zeigt – schon bald den Neu­an­fang mit neuem Boots­haus. Und es ist auch klar, dass das am liebsten auf der ange­stammten Main­insel geschehen soll.

by Ulrich Meissner